Moritz Heger; Aus der Mitte des Sees

Wer würde denn heute noch in ein Kloster gehen? Und können wir uns überhaupt vorstellen, wie ein Leben im Kloster heutzutage aussieht?

Lukas lebt seit 16 Jahren in einem Benediktinerkloster. Er ist mit Ende 30 der jüngste Mönch der Bruderschaft. Sein etwa gleichaltriger Mitbruder Andreas hat vor kurzem das Kloster verlassen, da er eine Frau kennengelernt hat, die er nach langer Überlegung geheiratet hat. Mittlerweile haben beide sogar einen kleinen Sohn. Lukas ist sich bewusst, dass er es als einen Verrat empfindet, dass Andreas das Kloster verlassen und ihm dadurch seine Freundschaft aufgekündigt hat.

So beginnt die sich über 14 Tage erstreckende Innenschau des Protagonisten. Immer wieder kommt der See zur Sprache, an dem das Kloster liegt und in dem Lukas regelmäßig schwimmt, um dabei über sein Leben im Kloster nachzudenken, über seine Beziehung zu dem im Sterben liegenden Mitbruder Alban, zu seinem ehemaligen Mitbruder Andreas, und zu Sarah, einer Besucherin des Klosters, in die er sich verliebt. Die Liebe zu Sarah spielt eine zentrale Rolle im Roman, der durch seinen meditativen Rhythmus besticht. Es ist nicht ganz leicht, sich auf diesen Rhythmus einzulassen und auch bei der Stange zu bleiben. Allerdings lohnt sich die Mühe, und zum Glück rutscht der Autor nicht in esoterische Klischees ab. Er bietet theologische Erkenntnisse aus der Sicht eines „modernen Benediktiners“, und manchmal blitzt sein Witz auf, wenn er etwa das schwule Pfarrerpaar beschreibt, das Lukas ehemaligen Mitbruder Andreas traut.

Der Epilog wartet mit einer Überraschung auf. Aber lesen Sie selbst!

Zum Autor: Der 50-jährige Moritz Heger ist Lehrer für Deutsch, evangelische Religion und Theater an einem Gymnasium in Stuttgart. „Aus der Mitte des Sees“ ist sein zweiter Roman.

(Christian Weissenborn)

22 € [DE], Diogenes, 256 Seiten, ISBN 3257071469