Hinter jedem großen Mann steht eine starke Frau – und dies meist unsichtbar. So auch Mileva Maric, die erste Frau von Albert Einstein. In den meisten Biografien des Nobelpreisträgers taucht sie nur als die depressive Mutter seiner zwei Kinder auf. Die amerikanische Autorin Marie Benedict holt mit ihrem Roman „Frau Einstein“ Mileva Maric nicht nur aus dem Schatten des legendären Physikers heraus, sondern stellt sie gleichberechtigt neben ihn. Folgt man der Darstellung der in Boston ausgebildeten Historikerin, gebührt der Nobelpreis Mileva Maric mindestens so sehr wie Albert Einstein, hätte es die Relativitätstheorie ohne ihre maßgebliche Hilfe nicht gegeben. In seinen Schriften wird sie nicht einmal in einer Fußnote erwähnt.

Mileva Maric begann 1886 in Zürich Mathematik und Physik zu studieren, ein Privileg, dass damals nur wenigen Frauen vergönnt war. Ihr Vater, ein serbischer Bauernsohn, der sich zum Beamten am obersten Gerichtshof in Serbien hochgearbeitet hatte, förderte das Talent seiner Tochter allen Vorurteilen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten zum Trotz. An der Uni lernt sie Albert Einstein kennen und lieben. Er – das belegen Briefe – verspricht ihr eine „intellektuelle Beziehung auf Augenhöhe“. Marie Benedict hat sorgfältig recherchiert und nur, wie sie im Nachwort erklärt, einige Lücken, für die sich keine Belege finden ließen, fiktiv aufgefüllt, somit auch keine historische Biografie sondern einen Roman verfasst.

Dieser beginnt als verheißungsvolle Liebesgeschichte zweier in vielerlei Hinsicht außergewöhnlicher Menschen, die sich gegen die Konventionen ihrer Zeit stemmen, mündet aber bald in ein erschütterndes Drama.

Der Wendepunkt ist die erste ungewollte Schwangerschaft der noch unverheirateten Mileva – 1901 nicht nur für eine Frau sondern auch den Mann eine gesellschaftliche Katastrophe. Mileva versteckt sich bei ihren Eltern, bekommt das Kind, das bald darauf stirbt. Benedict lässt wenig Zweifel daran, dass Einstein kein Problem damit gehabt hätte, Mileva wäre in diesem Moment aus seinem Leben verschwunden. Doch sie kehrt zurück, die beiden heiraten, bekommen noch zwei Kinder. Mileva stellt ihr Leben in den Dienst des immer berühmter werdenden Einsteins, der es ihr mit zahlreichen Affären dankt – schließlich ohne sie nach Amerika emigriert.

Das Buch ist keine leichte, eine oft quälende und doch packende Lektüre. Es erzählt die Geschichte einer Frau, die ihr großes Talent und ihre Ambitionen hinter denen ihres Mannes und den Bedürfnissen der Familie zurückstellt – und am Ende alles verliert. Natürlich ist Mileva Marics Geschichte auch ein Spiegel ihrer Zeit, und doch… Im Roman trifft sie auf Marie Curie – wie sie Physikerin und Mathematikerin, mit einem Physiker verheiratet und Mutter zweier Kinder. Marie Curie hat den Nobelpreis erhalten, sogar zwei Mal, in Physik und in Chemie. Ein anderes Leben wäre also möglich gewesen – damals wie heute. (nil)