Amalie Prinzessin von Sachsen; Reise nach Spanien 1824/25; Herausgegeben von Hiltrud Friederich-Stegmann; Edition Serena, Moritzburg 2021, 54,80€
Hiermit stelle ich ein wissenschaftliches Werk vor, das sich vergnüglich liest, in bestens lesbarem Druck sorgsam ediert wurde, angenehm zum Angreifen und Blättern ist.
Die sächsische Prinzessin Amalie macht mit ihrem Vater Prinz Maximilian und Gefolge eine Reise von Dresden weg zu Verwandten. Zuerst durch Bayern, dann nach Norditalien. Ziel ist Spanien. So fahren einige königliche Kutschen durch Frankreich, kommen bis nach Madrid und besuchen den dortigen König Ferdinand VII. und seine Frau Josepha, sächsische Prinzessin und Schwester von Amalie. Es gibt einen genauen, sehr lebendigen Bericht über diese lange Reise durch das handschriftlich geführte Tagebuch der Prinzessin sowie eine spätere Abschrift durch die Prinzessin; hatte sie selbst schon an eine Veröffentlichung gedacht? Das hat nun Frau Stegemann gemacht, nachdem sie die Texte verglichen, transkribiert und editiert und so einem Lesepublikum zugänglich gemacht hat. Durch die Notizen der Prinzessin bekommt man Lust, den beschriebenen Orten nachzureisen. Wer sie bereits kennt, findet viele Informationen, die die Erinnerung daran wieder hochkommen lassen. Besonders Interessierte mögen sich an den Familienverzweigungen und Lebensweisen verschiedener fürstlicher Familien delektieren. Man erfährt, wie königlicher Alltag im Schloss verlief. Frau Stegmann hat darüber hinaus den Text mit umfangreichen, erklärenden Fußnoten versehen, denn zwischen den berichteten Geschehnissen und unserer Gegenwart liegen 200 Jahre.
Die umfangreiche Recherche Frau Friederich-Stegmanns in vielen Archiven und durch Gespräche mit Fachleuten verdiente in wissenschaftlicher Hinsicht zumindest die Anerkennung als Habilitation. Bibliografie, Register usw. sind beeindruckend umfangreich.
Prinzessin Amalie war eine interessante und kluge Frau. Sie war gut ausgebildete Komponistin und Librettistin, deren Werke die Edition Serena (edition-serena.de) nach und nach publiziert. Es sind vor allem kirchenmusikalische, katholische Kompositionen. Wie in königlichen Familien üblich, sprach sie mehrere Sprachen und war kunsthistorisch sehr informiert. Es blitzt auch Humor durch ihre Zeilen. Warum sie dem generellen Druck, sich zu verheiraten, nicht nachgegeben hat, wird natürlich nicht thematisiert. Aber die politische Situation in Europa nach dem Wiener Kongress und der spanische Unabhängigkeitskrieg werden angesprochen.
Es zeigt sich in den Tagebüchern, wie anstrengend solche Reisen waren. Man fuhr oft bis tief in die Nacht, es gab Probleme mit den „Postillons“, d. h. den Lohnkutschern, die über gewisse Fahrstrecken wegen ihrer Ortskenntnis genommen wurden. Man nächtigte auf Schlössern bei anderen Fürsten oder aber, vor allem in Frankreich, in unterschiedlich bequemen Hotels. In diesem Tagebuch werden auch von Land zu Land unterschiedliche soziale Gebräuche beschrieben.
In die politischen Gespräche, die bei den verschiedenen Aufenthalten wohl auch geführt wurden, ist Prinzessin Amalie nicht eingebunden gewesen oder sie sprach nicht darüber.
Prinz Maximilian und Prinzessin Amalie reisten auf der Rückreise durch Frankreich inkognito als Grafen von Plauen. Man erkannte sie dennoch.
Der hohen Stellung der Reisenden entsprach das üppige Gefolge: Man reiste mit mehreren Kutschen. Delegationen von Diplomaten und Militär kamen dem Prinzen entgegen. Es gab zusätzlich eine ständige hochrangige Begleitung ab der französisch-spanischen Grenze.
Wer sich mit dem Leben Anfang des 19. Jahrhunderts beschäftigen möchte, ist mit diesem Buch sehr gut bedient.
(Dr. Ruth Aspöck, Bth, Wien; Autorin, Vizepräsidentin Grazer Autorinnen Autorenversammlung; www.donauliteratur.at)
PS: Sie finden das Buch in der Gemeindebibliothek, von Frau Friederich-Stegmann gestiftet.